Die Solidarität der Arbeiter*innen hat gesiegt: 5 Jahre Bornheim-Streik!

In diesem Monat jährt sich der erfolgreiche Streik der Erntehelfer*innen in Bornheim zum fünften Mal. Auf dem „Spargelhof Ritter“ zwischen Köln und Bonn legten im Mai 2020 etwa 200 rumänische Saisonarbeiter*innen spontan die Arbeit nieder. Spargel und Erdbeeren blieben auf dem Feld, stattdessen versammelten sich die Arbeiter*innen zu einer wütenden Demonstration. Ihr Streik richtete sich gegen die – durch die Pandemie noch verschärften – katastrophalen Bedingungen in den Unterkünften und gegen die Vorenthaltung ihres ohnehin schon miserablen Lohns durch die insolventen Chef*innen.

Unterstützung erhielten die Arbeiter*innen dabei aus der Freien Arbeiter*innen-Union Bonn und von anderen Syndikaten der Region West. Die FAU vermittelte Kontakt zu den solidarischen Anwälten Harald Klinke und Stefan Hübner und verschaffte dem Streik – etwa durch eine Pressekonferenz am Feldrand – Öffentlichkeit. Schon wenig später konnte durch den Streik und den öffentlichen Druck eine Teilauszahlung der Löhne durchgesetzt werden. Über den juristischen Weg wurde etwa ein Jahr später eine beträchtliche Nachzahlung erstritten.

Dieser Kampf und das erstrittene Ergebnis waren ein großer Erfolg! Ein Erfolg, der nur möglich wurde durch die Solidarität und Bereitschaft der Kolleg*innen, trotz aller Widrigkeiten für ihre Interessen einzustehen, durch den unermüdlichen Einsatz der Anwälte und durch eine kämpferische Basisgewerkschaft im Rücken. Ein Erfolg für die Arbeiter*innen und auch für uns als Gewerkschaft. Denn der Arbeitskampf hat gezeigt, was wir auch als kleine Gewerkschaft leisten können. Er hat unsere öffentliche Sichtbarkeit erhöht und viele Kolleg*innen motiviert, aktiv zu werden. Noch immer ist der Streik ein wichtiger Bezugspunkt für uns. 

Ein Erfolg des Streiks war außerdem die Botschaft, die er aussandte: Die Chef*innen versuchten, mit Arbeiter*innen, die zu großen Teilen kein Deutsch sprechen, ihre Rechte und die Pflichten der Chef*innen nicht gut kennen und keinen deutschen Pass haben, umzuspringen, wie es ihnen gerade passt. Die Solidarität von Arbeiter*innen über die Grenzen von Sprachen und Nationalitäten hinweg, widersetzte sich dem Versuch der rassistischen Spaltung der Arbeiter*innen! Sie zeigte, dass es möglich ist, gemeinsam zu kämpfen und zu gewinnen.

Auch fünf Jahre später hat diese Botschaft nichts von ihrer Relevanz verloren. Denn auch nach dem Ende der Pandemie arbeiten ausländische Saisonarbeiter*innen auf Feldern in Deutschland unter oft katastrophalen Bedingungen. Chef*innen nutzen legale und illegale Methoden, um so viel Profit wie möglich aus den Kolleg*innen herauszupressen. Die Löhne sind niedrig, die gesundheitlichen Risiken hoch. Erst vor einigen Tagen sind zwei junge rumänische Arbeiter*innen im nordrhein-westfälischen Höxter wegen Baumängeln in ihrer Unterkunft durch eine Kohlenstoff-Monoxid-Vergiftung gestorben. Das macht uns traurig und wütend!

Die Bedingungen der Branche erschweren gewerkschaftliche Organisierung – gleichzeitig ist sie dringend notwendig! Um kurzfristig Arbeitskämpfe führen und unterstützen zu können, um dauerhaft die Arbeitsbedingungen der Kolleg*innen auf den Feldern zu verbessern und um unsere landwirtschaftliche Versorgung selbst in die Hand zu nehmen. Auch das ist eine zentrale Lehre aus dem Bornheim-Streik. Eine branchengewerkschaftliche Struktur baut seit einigen Jahren die Initiative Grüne Gewerke (IGG) in der FAU auf. Es ist daher ein wichtiger Schritt nach vorne, dass es mittlerweile mit dieser einen Zusammenschluss der Arbeiter*innen in den grünen Gewerken gibt, der einen langfristigen Rahmen für den Kampf in den Gärten, Wäldern und auf den Feldern schafft.

Also, im Geist des Streiks von Bornheim: Für eine soziale Agrarwende von unten, kämpft für Eure Interessen und schließt Euch der IGG-FAU an!

Bonn: Einigung im Lohnstreit der Arbeiter*innen aus dem Bornheimer „Spargel-Streik“

Wie die Gewerkschaft Freie Arbeiter*innen Union Bonn auf Nachfrage in Erfahrung bringen konnte, ist es in dem Streit um Lohnnachzahlungen für über hundert rumänische Saisonarbeiter*innen des insolventen Spargelgutes Ritter zu einer außergerichtlichen Einigung gekommen. Die Einigung wurde zwischen der juristischen Vertretung der Saisonarbeiter*innen, den Anwälten Harald Klinke und Stefan Hübner sowie der Insolvenzverwaltung der Klaus und Sabine Ritter GbR, dem Rechtsanwaltsbüro Schulte-Beckhausen und Bühs, erzielt. Beide Parteien haben sich zu Stillschweigen über den Inhalt der Einigung verpflichtet. Da aber bereits im Juli 2020 Verhandlungen über Lohnnachzahlungen von im Bereich von 100.000 Euro geführt wurden, ist davon auszugehen, dass die endgültige Einigung nicht niedriger als der damalige Streitwert ausgefallen ist.

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Streik in Bornheim – was hat’s gebracht?

Am Freitag den 15. Mai 2020 traten etwa 200 Erntearbeiter*innen des Spargel- & Erdbeerhofs Ritter in Bornheim bei Bonn in Streik. Die insolvente Firma wurde von der Anwaltskanzlei Schulte-Beckhausen verwaltet, die sich entschieden hatte die meist rumänischen Arbeiter*innen in den nächsten Tagen auf die Straße zu setzen. Wir waren seit dem ersten Tag vor Ort, begleiteten, unterstützten und organisierten uns gemeinsam.

Eine gute Woche später reisten die letzten ab. Unsere Aufarbeitung des Bornheimer Streiks ist längst nicht abgeschlossen. Dennoch halten wir hier einmal fest, was wir erreicht haben:

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Streik in Bornheim: Letzte Arbeiter*innen reisen ab

Eine gute Woche Streik mit Schweiß, Tränen, Jubel und Frust neigt sich dem Ende entgegen. Die letzten Arbeiter*innen reisen ab – ob nach Rumänien oder zu neuen Jobs. Die Versprechungen des rumänischen Konsulats sich um Arbeitsvermittlung und Heimreisen zu kümmern wurden nur rudimentär eingehalten. Die FAU blieb hingegen aktiv und solidarisch, vermittelte gemeinsam mit zahlreichen Unterstützer*innen und in ständiger Absprache mit den Arbeiter*innen neue Arbeitsplätze und Rückreisemöglichkeiten. Wir bleiben in Kontakt, um die jeweiligen individuellen Lösungen begleiten zu können.

Jetzt steht zum Einen eine lange, intensive Phase juristischer Prozesse um die Lohnforderungen an. Wir sind froh über die tatkräftige Unterstützung durch unsere Anwält*innen, die bereits in den vergangenen Tagen vor große Herausforderungen gestellt wurden und mit nicht vorhersehbaren Situationen konfrontiert wurden.

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Pressemitteilung: Spargel Ritter in Bornheim – Rechtswidrige Räumung droht!

Seit dem 15. Mai 2020 befindet sich ein Teil der Belegschaft der Claus und Sabine Ritter GbR in Bornheim im Streik um die Auszahlung der ihnen zustehenden Löhne. Nach sechs Tagen Streik und einer Lohnauszahlung für einen Teil der rumänischen Arbeiter*innen, verkündete am 20. Mai die rumänischen Arbeitsministerin bei einem Besuch vor Ort, sie habe sich mit dem verantwortlichen Insolvenzverwalter Schulte-Beckhausen auf ein Drei-Punkte-Programm verständigt. Dieses beinhalte die Auszahlung aller noch offenen Lohnansprüche, die Organisierung der Heimreise von Arbeiter*innen auf Kosten der rumänischen Regierung sowie die Vermittlung von Arbeiter*innen an andere Höfe mit Hilfe des Bauernverbandes. Weiter lesen „Pressemitteilung: Spargel Ritter in Bornheim – Rechtswidrige Räumung droht!“

„Und hierfür haben sie uns Unterkunftskosten berechnet!“

(Video auf Youtube)

Die Erntearbeiter*innen des Spargel- und Erdbeerhofes Ritter werden seit etlichen Jahren hinter der Umzäunung einer Containeranlage auf der Straße „Am Ühlchen“ in Bornheim untergebracht. Diese zweistöckigen Wohnblocks bestehen pro Etage aus jeweils rund 30 Schlafräumen, wenigen Dusch- und Toiletteneinheiten, einem Lagerraum und einem Wasch- und Trockenraum. Drei solcher Blocks stehen auf dem Gelände, eingeklemmt zwischen einer Bahnlinie und einer Wasseraufbereitungsanlage. Weiter lesen „„Und hierfür haben sie uns Unterkunftskosten berechnet!““

Rechtswidrige Räumung der Unterkünfte

Die Securitys von Spargel Ritter zwingen momentan Arbeiter*innen ihre Unterkünfte zu verlassen, obwohl es einen schriftlichen Mietvertrag gibt. Es wurde keine schriftliche Kündigung vorgelegt, obwohl es dieser laut Mietvertrag ausdrücklich bedarf. Dieses vorgehen ist illegal, die Polizei ist verständigt. Erneut werden die Arbeiter*innenrechte und Menschenwürde bei Spargel Ritter mit Füßen getreten. Wir sind vor Ort um das geschehen zu dokumentieren und um die Menschen zu unterstützen.

Nachtrag: Die Räumung konnte Dank einer Intervention durch FAU und vielen Freund*innen verhindert werden. Die Arbeiter*innen können bis auf weiteres bleiben.
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Richtigstellung zur Presseerklärung des rumänischen Außenministeriums

Wie wir erfahren haben hat das rumänische Außenministerium in einer Pressemitteilung [1] bekannt gegeben allen rumänischen Arbeiter*innen bei Spargel Ritter sei der gesamte ihnen zustehende Lohn ausgezahlt worden. Unserem Kenntnisstand nach entspricht das nicht der Realität. Es haben soweit wir das sagen können zwar alle Arbeiter*innen an Lohnauszahlungen teilgenommen. Im Rahmen diese Auszahlungen wurden jedoch bei weitem nicht alle ausstehenden Löhne tatsächlich ausgezahlt. Wie wir in unsrer heutigen Pressekonferenz berichteten gab es sogar extreme Fälle bei denen es kaum und in mindestens einem Fall, nach Abzug der bescheidenen Vorschüsse und Kosten für Unterkunft und Essen, auch überhaupt nichts ausgezahlt wurde. Weiter lesen „Richtigstellung zur Presseerklärung des rumänischen Außenministeriums“

Pressemitteilung: Gewerkschaft prüft Anstrengung von 180 Gerichtsverfahren gegen Insolvenzverwalter des seit einer Woche bestreikten Spargelbetriebs in Bornheim

Bornheim, 22. Mai 2020. Die Gewerkschaft FAU Bonn prüft derzeit die Eröffnung von etwa 180 Gerichtsverfahren gegen den Insolvenzverwalter des Bornheimer Spargelunternehmens Ritter. Dort begann letzten Freitag ein Streik von hunderten rumänischen Erntearbeiter*innen, da der Bonner Insolvenzverwalter Andreas Schulte-Beckhausen ihre Löhne für bereits geleistete Arbeitsstunden zurückhielt. Weiter lesen „Pressemitteilung: Gewerkschaft prüft Anstrengung von 180 Gerichtsverfahren gegen Insolvenzverwalter des seit einer Woche bestreikten Spargelbetriebs in Bornheim“